Handbuch und EPPO geht zusammen!

Heike Hettwer zum Tekom-Vortrag: Schreiben
wir morgen noch Handbücher? Vom Handbuch über EPPO zu KI?

Ich lerne Tai Chi bei einem Meister des Shaolin Tempels 🐉. Mein Lehrer sagt nicht viel. Er macht es vor, die Schüler machen es nach. Zu Beginn vertrauen wir uns also ganz seiner Kompetenz an, uns die fließenden Bewegungen so langsam und wiederholt zu zeigen, dass wir folgen können. Später verbindet er die Positionen zu komplexen Abläufen und steigert die Geschwindigkeit.

Eigentlich sind wir technischen Dokumentaristen auch so etwas wie Lehrer. Wir schaffen schriftliche Unterlagen, die es Menschen ermöglichen sollen, komplexe softwaregesteuerte Maschinen und Anlagen bedienen zu können.

Nun hörte ich bei dem genannten Vortrag, als der Vortragende gerade unsere Sortierbemühungen anhand eines umfangreichen Inhaltsverzeichnisses erklärte, dies sei eine Zumutung für die Leser oder würde als solche empfunden. Ich musste zucken. Meine innere Stimme konnte nicht zustimmen.

Kurz darauf kam das Thema auf EPPO – Mark Bakers Content-Konzept „Every Page is Page One“. Dieses Konzept wird als gegeben angesehen, weil es der Google-Suche entspricht. Hier wird der lineare, didaktisch geführte Weg, den wir im Sinne eines effektiven Erlernens vorgeben, ersetzt durch eine zusammenhangslose, suchkriterien-indizierte Ergebnisliste.

Ich möchte hier mal eine Lanze brechen für die Arbeit der technischen Redakteure. Wir haben es bisher gut gemacht. Wir bewältigen große Stoffmengen, dampfen sie ein, strukturieren sie und bereiten sie auf. Schon mal die Anleitung eines Konstrukteurs/Programmierers gelesen? Den Gedanken, den Anwender durch „Anleiten“ eine Wissensbasis zu geben, die fehlerfreies Bedienen ermöglicht, finde ich gut.

Baker bietet mit dem EPPO-Konzept eine wertvolle Ergänzung zum Zugriff auf relevante Informationen. Diese Alternative, bedeutet aber auch dem Anwender ein Stück weit die Verantwortung für seine Einarbeitung zu überlassen, das sollte klar sein.

Ich bin vorsichtig mit Postulaten, wie „Google-Kinder“ wollen nur einen Versuch, dann muss die Info stimmen. Und ja, wir müssen dem veränderten Nutzerverhalten Alternativen bieten. Und ja, mit dem Konzept kann der „erfahrene User“ Informationen schneller finden. Aber, wir müssen auch klar machen, dass komplexe Inhalte eine Konzentrationsstrecke brauchen. Gut gemachte Anleitungen sind noch lange nicht tot. Aber wir werden Aufbereitung und Medien erweitern. Meine Meinung. Was sagt ihr?

Heike Hettwer zum Tekom-Vortrag vom D.Juhl am 23.1.2024: Schreiben
wir morgen noch Handbücher? Vom Handbuch über EPPO zu KI?